Nanopartikel in der zahnärztlichen Praxis

ADOPTED by FDI General Assembly September, 2018 in Buenos Aires, Argentina

Kontext

Nanopartikel sind in der Natur vorhanden oder können für bestimmte Zwecke hergestellt werden. Sie werden vielfältig in Alltagsprodukten verwendet, dazu gehören z.B. Kosmetika wie Sonnenschutzmittel, die Zinkoxid-Nanopartikel enthalten.

Nanopartikel werden gezielt zahnmedizinischen Produkten zugesetzt bzw. in sie eingebunden, um die Materialeigenschaften zu verbessern. Darüber hinaus können Nanopartikel als Nebenprodukte während der Herstellung (Mahlprozess) von Füllstoffen entstehen und auf diese Weise in zahlreiche zahnärztliche Materialien gelangen.

In Dentallaboren sind Zahntechniker Nanopartikeln  in Form von Staub ausgesetzt.

In der zahnärztlichen Praxis ist das Personal in erster Linie Nanopartikelstaub exponiert, der beim Schleifen und Polieren von Dentalwerkstoffen entsteht, unabhängig davon, ob im Werkstoff Nanopartikel enthalten sind oder nicht. Die Lungen sind das primäre Zielorgan. Aktuelle Risikobeurteilungen haben gezeigt, dass das Gesundheitsrisiko für zahnärztliches Personal nach dem Einatmen von Nanopartikeln in Form von Staub aller Wahrscheinlichkeit nach gering ist. Es sind keine Daten über die Auswirkungen einer langfristigen Belastung zahnärztlichen Personals durch dentale Nanopartikel verfügbar. Trotz einer seit vielen Jahrzehnten bestehenden Exposition von Nanopartikeln aus Dentalwerkstoffen gibt es keine Anzeichen für eine höhere Inzidenz von Lungenerkrankungen bei zahnärztlichem Personal.

Patienten sind dentalen Nanopartikeln in Form von Staub ausgesetzt, allerdings im wesentlich geringeren Maße als das zahnärztliche Personal. Aktuelle Risikobeurteilungen haben gezeigt, dass das Gesundheitsrisiko für Patienten nach dem Einatmen von Nanopartikeln und nach dem Verschlucken von Abriebpartikeln aller Wahrscheinlichkeit nach gering ist. Die verfügbaren Informationen besonders über den Einfluss von Nanopartikeln aus Dentalwerkstoffen auf besonders gefährdete Patientengruppen wie Menschen mit Asthma oder chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen sind begrenzt.

Nach derzeitigem Wissensstand ist das allgemeine Risiko der Freisetzung von Titan-Nanopartikeln aus Dentalimplantaten im Alveolarknochen vermutlich gering.

In letzter Zeit erfahren Nanopartikel sowohl in der Öffentlichkeit als auch in der Wissenschaft zunehmend Aufmerksamkeit. Nationale und internationale Behörden befassen sich mit Nanopartikeln und ihrer Sicherheit, da sie aufgrund ihrer Größe und auch möglicherweise ihrer chemischen Zusammensetzung nachteilige Wirkungen entfalten können.

Geltungsbereich

Diese FDI-Stellungnahme befasst sich mit der Wirkung von Nanopartikeln, die sich in Dentalwerkstoffen befinden oder aus diesen freigesetzt werden, auf die Gesundheit von Patienten und von zahnärztlichem Personal sowie auf die Umwelt.

Definition

Im Sinne dieser Stellungnahme ist ein Nanopartikel ein Partikel mit einer oder mehreren äußeren Abmessungen in einer Größenordnung von 1 bis 100 Nanometern.

Grundsätze

Eine effektive zahnmedizinische Versorgung muss auf einem hohen Maß an Qualität und Sicherheit beruhen. Da Nanopartikel in der Zahnmedizin inzwischen ein wichtiges Thema sind, hat die FDI die aktuellen Daten dazu analysiert, um Patienten und zahnärztliches Personal zu beraten und diese und die Umwelt zu schützen.

Stellungnahme

Die FDI unterstützt die folgenden Grundsätze:

  1. Die FDI befürwortet die Förderung von Forschungen über die Gesundheitsauswirkungen nach Verschlucken/Einatmen von Nanopartikeln und nach Zell- und Gewebekontakt durch Nanopartikel aus Dentalwerkstoffen.
  2. Im Dentallabor muss das Personal die verfügbaren relevanten nationalen/internationalen Arbeitsschutzvorschriften befolgen. In Ländern, in denen keine Vorschriften existieren, sollte eine Risikominimierung z.B. durch das Anlegen von geeigneten Gesichtsmasken und eine wirksame Belüftung des Labors erfolgen.  Verkapselte Pulver-Flüssigkeitssysteme können die Staubexposition weiter verringern.
  3. Um mögliche Risiken für das zahnmedizinische Personal in der Praxis und auch für die Patienten zu minimieren, sollte die Menge der erzeugten dentalen Nanopartikel in Form von Staub auf ein Minimum reduziert werden. Folgende Maßnahmen werden empfohlen:
    • Eine sorgfältige Modellierung/Formung der Restauration vor dem Abbinden/Aushärten kann die während des Beschleifens und Polierens entfernte Materialmenge reduzieren.
    • Beim intraoralen Schleifen und Polieren ist wenn möglich auf eine adäquate Wassermenge zur Kühlung und eine effektive Absaugung zu achten.
    • Eine wirksame Belüftung des Behandlungsbereichs  und ein  geeignetes Luftreinigungssystem könnten ebenfalls in Betracht gezogen werden.
    • Verkapselte Pulver-Flüssigkeitssysteme können die Staubexposition weiter verringern.
    • Handelsübliche chirurgische Gesichtsmasken und FFP3-Masken (FFP = Filtering Face Piece) verringern die Belastung durch Nanopartikel. Dabei ist auf den passgenauen Sitz der Maske zu achten.
  4. Insgesamt ist die Datenlage über mögliche unerwünschte Reaktionen auf  Nanopartikel, die aus Dentalwerkstoffen oder durch die Herstellung und Verarbeitung von Dentalwerkstoffen in die Luft gelangen und eingeatmet werden,  gering, hier scheinen, wie bereits erwähnt,  weitere Forschungen angezeigt. Bei der Entwicklung von neuen Dentalwerkstoffen und Anwendungsverfahren sollte auch darauf geachtet werden, dass die Belastung durch Nanopartikel minimiert wird.

Disclaimer

Die Informationen in dieser Stellungnahme basieren jeweils auf dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand. Sie können so ausgelegt werden, dass sie existierende kulturelle Sensibilitäten und sozioökonomische Zwänge widerspiegeln.

Literaturhinweise

  1. Schmalz G, Hickel R, van Landuyt KL, Reichl FX  Nanoparticles in Dentistry. Int Dent J 2018 2018 May 22. doi: 10.1111/idj.12394.
  2. Schmalz G, Hickel R, van Landuyt KL, Reichl FX Nanoparticles in Dentistry. Dent Mater 2017 Nov;33(11):1298-1314.

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